Ampel-Koalition: Klimaschutz und Energiewende für Schleswig-Holstein

Der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP enthält auch für Schleswig-Holstein richtungsweisende Maßgaben. Sowohl die überragende Bedeutung, die dem Ausbau Erneuerbarer Energien eingeräumt wird, als auch die Feststellung der für 2030 benötigen absoluten Strommengen von 750 TWh, von denen wiederum 80 % aus Erneuerbaren Energien stammen sollen, kennzeichnen die Kehrwende, die nun in der Energiewende eingeläutet werden soll.

Mit dem bereits von Bundesminister Robert Habeck angekündigten Osterpaket wird dabei etwa das Vorhaben eines Klimaschutz-Sofortprogrammes aufgegriffen, das laut Koalitionsvertrag mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen auf den Weg zu bringen ist. Und auch das Klimaschutzgesetz wird noch im Jahr 2022 konsequent weiter zu entwickeln sein.

Weiterhin wurde im Koalitionsvertrag festgehalten, dass eine dringend nötige Energiewende insbesondere durch den dezentralen Ausbau der Erneuerbaren Energien gelingen soll: „Erneuerbarer Strom, insbesondere aus ausgeförderten Anlagen und Anlagen außerhalb der EEG-Förderung soll stärker in der Erzeugerregion genutzt werden können. Dafür werden wir alle notwendigen Regelungen überprüfen. Erneuerbar erzeugter Strom muss in der Erzeugerregion auch als solcher genutzt werden dürfen.“ Dies wird sich auch im Energiewendeland Schleswig-Holstein positiv bemerkbar machen, etwa in Bezug auf Sektorkopplung. Auch Maßgaben zur Wasserstoffgewinnung können gut in und für Schleswig-Holstein sowie einem norddeutschen Verbund nutzbar gemacht werden.

Der im Koalitionsvertrag geplante massive Ausbau Erneuerbaren Energien birgt große Chancen insbesondere für Schleswig-Holstein. Entsprechend sollen für die Windenergie zwei Prozent der Landesflächen ausgewiesen werden. Bei diesem wie auch anderen Mengenzielen wird in der Umsetzung darauf zu achten sein, dass sie als Mindestziele ausgestaltet werden, damit sie nicht mengenbegrenzend wirken, wie dies etwa in der Vergangenheit bei der Einführung von Ausschreibungen für den Windenergie-Ausbau zu beobachten war.

Der Koalitionsvertrag enthält im Bereich Klimaschutz und Energiewende auch in Bezug auf Arbeitsplätze Ansätze, die in Schleswig-Holstein gut genutzt werden können. So sollen Unternehmen auf ihrem Weg zur Klimaneutralität unterstützt werden, unter anderem durch einen Transformationsfonds bei der KfW. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sollen bei ihrer klimatechnologischen Transformation begleitet und gefördert werden. Dies ist besonders relevant für Schleswig-Holstein mit einer Quote von fast 99 % kleiner und mittlerer Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten. Eine besondere Chance für den Wirtschaftsstandort liegt etwa in den bevorstehenden (weiteren) Erleichterungen bei Genehmigungsverfahren zum Ausbau Erneuerbarer Energien oder etwa der Schaffung von Innovationsclustern.

Zur Erreichung der Klimaziele soll zudem verstärkt in den Schutz bestehender Wälder und Moore investiert und die nachhaltige Aufforstung forciert werden. Schleswig-Holstein ist mit insgesamt 73.000 Hektar und 11% der Fläche das waldärmste Flächenland der Bundesrepublik. Der Schutz der bestehenden Wälder und der umweltverträgliche Forstbetrieb sind daher unabdingbar für den Erhalt des schleswig-holsteinischen Waldes. Weiterhin ist Schleswig-Holstein stark von verschiedenen Gewässern geprägt: 30.000 Kilometer Bäche und Flüsse durchziehen das Land; 300 Seen mit einer Gesamtfläche von 28.000 Hektar, sowie rund 1.200 km lange Küste an Nord- und Ostsee. Der Schutz der Gewässer als maßgebliche Faktoren für ein gesundes Ökosystem, Klimaschutz und Biodiversität findet auch im Koalitionsvertrag Beachtung. Neben dem Start einer Meeresoffensive zum Schutz der Meeresnatur, der Erarbeitung einer kohärenten und verbindlichen Meeresstrategie, der Einrichtung einer Meereskoordination und der Etablierung einer Nationalen Meereskonferenz, soll auch ein Sofortprogramm zur Bergung und Vernichtung von Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee verabschiedet und das Abwasserabgabengesetz zur Verbesserung des Gewässerschutzes novelliert werden.

Neben Umwelt-, Energie-, Klima- und Wirtschaftsfragen werden auch Fragen zu Ernährung und Landwirtschaft im Koalitionsvertrag aufgegriffen und beantwortet. Während in Schleswig-Holstein bereits im September 2020 eine neue Vernetzungsstelle, die sich für eine gesundheitsfördernde und nachhaltige Ernährung für Senior*innen einsetzt, gegründet wurde, sollen auch weiterhin die Standards der Gemeinschaftsverpflegung an die der Deutschen Gesellschaft für Ernährung angepasst werden und Vernetzungsstellen gefördert werden.

Auch das klar formulierte Ziel, bis 2030 eine Quote von 30 % ökologischer Landwirtschaft erreichen zu wollen, wird zukunftsweisende Veränderungen bringen. Bisher wirtschaften lediglich 6,6 % aller landwirtschaftlichen Betriebe in Schleswig-Holstein nach den Regeln des ökologischen Landbaus. Eine Förderung von Ökolandbetrieben und der Umstrukturierung konventionell geführter Betriebe kann regionale Wertschöpfungsketten fördern, zum Erhalt der lokalen ländlichen Strukturen beitragen und leistet zugleich positive Umwelt-, Tierschutz- und Gesundheits- bezogene Effekte.

Dies muss auch in Bezug auf Lebensmittel gelten. Hier setzt der im Oktober 2020 auf dem Parteitag der SPD im Kreis Herzogtum Lauenburg beschlossene Antrag zur Überwindung der Zwei-Klassen-Ernährung an. Bio- und Fairtrade-Lebensmittel müssen zum Ernährungs-Standard werden, statt ein Sonder-Segment im Warenangebot darzustellen. Die Ökobilanz und –verträglichkeit von biologisch angebauten Lebensmitteln ist nachweislich besser gegenüber denen aus herkömmlicher Landwirtschaft. Sie stehen damit nicht nur für mehr Tierwohl und weniger Umweltbeeinträchtigungen, sondern auch für mehr soziale Verantwortung schon zu Beginn der Lieferkette. In diesem Sinne widmet sich der Koalitionsvertrag auch der Sicherstellung von Ernährungsstandards.

Insgesamt stehen die Zielsetzungen des Koalitionsvertrages im Bereich Klimaschutz, Energie, Umwelt und Landwirtschaft für zügig umsetzbare Lösungen und sozialverträgliche Maßnahmen gegen den Klimawandel und zur Schaffung zukunftsfester Arbeitsplätze. Je offensiver es vor Ort in die Umsetzung geht, desto stärker wird die Region unmittelbar von diesem Aufbruch profitieren.

Nina Scheer